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Christian Philippi, LL.M., Rechtsanwalt

Unternehmensrecht: BGH kippt Schriftformheilungsklauseln


Neue Chance zur Kündigung langfristiger Mietverträge


Was ist passiert?

Der Bundesgerichtshof hat mit einem jetzt veröffentlichten Urteil am 27.09.2017 (XII ZR 114/16) entschieden, dass Regelungen in Mietverträgen unwirksam sind, in denen sich die Mietvertragsparteien dazu verpflichtet haben, Verstöße gegen das Schriftformerfordernis für langfristige Mietverträge durch eine nachträgliche (schriftliche) Vereinbarung ungeschehen zu machen und sich nicht auf das Recht zur Kündigung zu berufen.

Hintergrund ist die gesetzliche Regelung von § 550 BGB, wonach Befristungen unwirksam sind, wenn sie nicht in schriftlicher Form geschlossen wurden. Solche Mietverträge sind jederzeit ordentlich kündbar, dies mit teils erheblichen wirtschaftlichen Folgen für Vermieter oder Mieter. Bei dieser Norm handelt es sich - so nun der Bundesgerichtshof - um zwingendes Recht. Hiervon darf nicht durch eine Schriftformheilungsklausel abgewichen werden.

Wen interessiert das?

Die Entscheidung hat Auswirkungen auf Vermieter und Mieter, die bei ihrem Mietvertrag einen Schriftformverstoß feststellen und sich auch angesichts einer Schriftformheilungsklausel fragen, ob sie den Mietvertrag kündigen dürfen.

Die Entscheidung geht jedoch auch den potenziellen Erwerber einer Immobilie etwas an. Diesen interessiert, ob die auf ihn übergehenden Mietverträge von ihm kurzfristig für einen anderen Interessenten oder eigene Zwecke gekündigt werden können oder ihm die für die Investition vorausgesetzten langfristigen Mieteinnahmen sicher sind. Auch der Käufer eines Unternehmens will wissen, wie sicher seine zukünftige vertragliche Basis an einem bestimmten Standort ist.

Welche Fehlerquellen gibt es?

Trotz der hohen Bedeutung einer langfristigen Bindung der Mietvertragsparteien, welche dem Vermieter auf lange Sicht Mieteinnahmen und dem Mieter Erwerbsaussichten in dem Mietobjekt und die Amortisation seiner Investitionen garantieren soll, wird oft - in der Regel unerkannt - gegen das Schriftformerfordernis verstoßen.

Bei Errichtung der Vertragsurkunde (Ursprungsvertrag) wird häufig nicht beachtet, dass bei Personenmehrheiten alle Betroffenen den Vertrag unterschreiben müssen. Wird der Vertrag von einem Vertreter unterschrieben, wird in vielen Fällen ein Vertretungszusatz erforderlich sein. Wird das Mietobjekt nicht hinreichend beschrieben oder ergeben sich wesentliche Bestimmungen erst aus Anlagen, welche dem Mietvertrag nicht beigefügt wurden oder auf die nicht hinreichend Bezug genommen wurde, liegt ebenfalls ein Schriftformverstoß vor.

Die meisten Fehler passieren bei so genannten Nachtragsvereinbarungen (Vertragsänderungen). Verstößt eine Nachtragsvereinbarung gegen die Schriftform, ist der gesamte Mietvertrag betroffen. In der Praxis ist zu beobachten, dass die Miethöhe aktuellen Entwicklungen angepasst wird (z.B. im Rahmen eines Telefonats), Flächen werden mündlich (häufig konkludent) zu- und abgemietet, ohne einen schriftlichen Nachtrag zu verfassen. Es kommt auch vor, dass Vertragspartner durch mündliche Vereinbarung ausgetauscht werden.

Was ist zu tun?

Spätestens jetzt gilt, der Einhaltung der Schriftform - zunächst bei Abschluss von Mietverträgen - dieselbe Aufmerksamkeit zu widmen wie dem Aushandeln der eigentlichen Vertragskonditionen. Nach dem Ursprungsvertrag gilt eine erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber dem mündlichen oder sonstigen nicht schriftlichen Austausch von Vorstellungen über die zukünftigen Rechte und Pflichten der Vertragspartner. Es sollte stets auf die Einhaltung der Schriftform bestanden werden. Mitarbeiter, welche mit der Abwicklung des Mietverhältnisses betraut sind, sind entsprechend zu unterrichten.

Dies gilt ebenso im Rahmen der rechtlichen Due Diligence bei Immobilientransaktionen.

Bereits im laufenden unkritischen Mietverhältnis kann sich eine Prüfung der Abreden auf einen etwaigen Schriftformverstoß empfehlen, damit nicht die nächste Mieterhöhung, Verlängerungsoption oder eine Mietminderung vom Vertragspartner mit der ordentlichen Kündigung quittiert wird, d.h. rechtzeitig Maßnahmen zur nachträglichen Wahrung der Schriftform ergriffen werden können oder ein wirtschaftlicher Ausgleich geschaffen werden kann.

Ohne Schriftformheilungsklausel gibt es keine "weiche Landung" mehr, sodass wir eine generelle Prüfung Ihrer Vertragswerke durch den Spezialisten anraten und zwar bevor der Bestand des Mietverhältnisses ernsthaft infrage steht.

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