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Abwicklung eines gekündigten Bauträgervertrages: Teilkündigung des Bauerrichtungsteils?


Abwicklung eines gekündigten Bauträgervertrages: Teilkündigung des Bauerrichtungsteils?
KG Berlin, Urteil vom 22.12.1998 - 27 U 429/98 - rechtskräftig (in: BauR 2000, 114ff. = IBR 2000, 76 mit Anmerkungen von Schulze-Hagen)

  1. Problemstellung

    Es besteht der Grundsatz der einheitlichen Abwicklung des Bauträgervertrages. Dies müsste bedeuten, dass bei Kündigung eines Bauträgervertrages wegen Bauverzuges der Anspruch auf Übereignung des betreffenden Grundstücks verloren ginge.

    In einem Fall aus dem Jahre 1996 vertrat bereits das Landgericht Berlin die Auffassung, dass die Interessen der vertragstreuen Kläger vorrangig schutzwürdig seien und sie daher auch im Falle der Kündigung den Anspruch auf Übereignung des Grundstücks behielten.

    Die Beklagte dieses Rechtsstreits ging in die Berufung vor das Kammergericht Berlin. Sie wandte sich nicht mehr gegen die Verurteilung, den Notar zur Einreichung der Auflassungserklärung und Beantragung der Eigentumsumschreibung des Grundstückes anzuweisen. Sie stellte jedoch die Wirksamkeit der Kündigung des Bauträgervertrages aus wichtigem Grund in Abrede.

  2. Sachverhalt

    Dem Rechtsstreit lag folgender Sachverhalt zugrunde:

    Die Kläger waren Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Gesellschaftszweck war die schlüsselfertige Erstellung einer Wohnhausanlage und deren anschließende Vermietung und Verwaltung. Die Kläger schlossen einen Vertrag mit einer Bauträgergesellschaft, die sich verpflichtete, den Klägern das Grundstück zu verschaffen und auf dem verkauften Grundstück ein Mehrfamilienhaus mit Kfz-Stellplätzen zu errichten. Das Bauwerk sollte innerhalb einer bestimmten Frist bezugsfertig übergeben werden. Der von der Beklagten gebundene Generalunternehmer hatte erhebliche Zeitverzüge zu vertreten. Schließlich erklärten die Kläger die außerordentliche Kündigung des Bauerrichtungsvertrages und begründeten diese Maßnahme mit der permanenten Unzuverlässigkeit der Beklagten und ihres trotz mehrfachen Aufforderungen und Fristsetzungen anhaltenden Bauverzuges.

    Die Kläger verlangten nunmehr die Eigentumsübertragung des Grundstückes und außerdem die Rückzahlung geleisteter Anzahlungen, soweit sie auf die Bauerrichtung entfielen, vermindert um den Wert, der bis zur Kündigung erbrachten Leistungen.

    Insofern soll hier nur die Frage interessieren, ob und inwieweit der Errichtungsteil des Bauträgervertrages wirksam teilgekündigt werden konnte.

  3. Die rechtliche Würdigung durch das Kammergericht Berlin

    Das Kammergericht Berlin führte in seiner Entscheidung vom 22.12.1998 hierzu in seinen "Gründen" Folgendes aus:

    Eine nur einfache Kündigung nach § 649 BGB (sogenannte "freie Bauherrenkündigung") ist gegenüber einem vertragstreuen Bauträger aufgrund der strukturellen, vom reinen Werkvertrag abweichenden Besonderheiten des Bauträgervertrages, die ihn zu einem Vertrag eigener Art machen, rechtlich nicht möglich. Dagegen ist die Kündigung des Auftraggebers aus wichtigen Grund rechtswirksam (BGH, NJW 1986, 925).

    Die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Kündigung aus wichtigem Grund waren im vorliegenden Fall gegeben. Die Beklagte hatte für den Kläger ein weiteres Festhalten am Vertrag unzumutbar gemacht, indem es ihnen trotz mehrfacher Mahnungen nicht gelungen ist, die erheblichen Bauverzögerungen aufzuholen und sie es vielmehr zugelassen hatte, dass diese sich weiter verlängerten. Der beklagte Bauträger habe in eigener Verantwortung für die termingerechte Errichtung des Bauobjektes vorzusorgen gehabt. Er habe sich nicht unter Hinweis auf die nach dem Vertrag vorgesehene Einschaltung eines Generalunternehmers und von diesem oder seinen Subunternehmern begangenen Vertragsverletzungen dieser Verantwortung entlasten können. Der Bauträger haftet gemäß § 278 BGB ("Erfüllungsgehilfe") auch für die ihm nachgeordneten Unternehmen. Es wäre seine Sache gewesen, rechtliche Konsequenzen aus dem vertragswidrigen Verhalten seiner Auftragnehmer zu ziehen und geeignete Maßnahmen zur Aufholung der Verzögerungen einzuleiten.

    Die Kläger müssen sich gegenüber der vertrags-untreuen Beklagten, die ihnen einen wichtigen Grund zur Kündigung gegeben hatte, auch nicht auf den Grundsatz der nur einheitlichen Abwicklung des Bauträgervertrages verweisen lassen. Vielmehr haben die Kläger das Recht, lediglich den auf die Bauerrichtung bezogenen Vertragsteil, den fristgemäß zu realisieren die Beklagte sich außer Stande gezeigt hat, gekündigt. Den Klägern stand sowohl das Recht zur Kündigung, als auch der Anspruch auf Übereignung des Grundstückes zu.

    Dies ergibt sich insbesondere deshalb, weil die vor allem durch § 3 ("Besondere Sicherungspflichten für Bauträger") der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) zugunsten des Erwerbers geregelten besonderen Sicherungen im Gegenzug zum Recht des Bauträgers, schon vor Eigentumsverschaffung am Grundstück und Fertigstellung des Bauvorhabens erhebliche Vergütungszahlungen zu verlangen, anderenfalls verloren gingen.

    Wenn der Bauträger dem Erwerber Veranlassung zu einer Kündigung aus wichtigem Grund gibt, ist dessen Interesse, die Bauleistung vollständig erbringen zu können, nicht mehr schutzwürdig. Dann ist vielmehr das Interesse des vertragstreuen Erwerbers vorrangig, der seinen Anspruch auf Übereignung des Grundstückes behalten darf, weil er anderenfalls die Sicherheit verlieren würde, die ihm die zu seinen Gunsten im Grundbuch eingetragene Auflassungsvormerkung für die bisher geleisteten Ratenzahlungen bietet.

    Die Kläger konnten daher unter Anrechnung der für das Grundstück und die bis dahin für das Bauwerk geleisteten Zahlungen die Übereignung verlangen und haben hinsichtlich der darüber hinaus geleisteten Anzahlungen einen Rückforderungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 S. 2 BGB).

  4. Fazit

    Der bis zur Teilkündigung einheitliche Bauträgervertrag wird damit aufgeteilt. Der Grundstücksüberlassungsanspruch wird im Falle der Kündigung aus wichtigem Grund von dem durch den Erfüllungsablehnung für die Zukunft erledigten Anspruch auf Fertigstellung des Bauwerks gelöst und geht nicht durch die Kündigung unter, sondern besteht fort (siehe auch BGH, NJW 1986, 925, 927).

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