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Beate Kallweit

Die 10 häufigsten Irrtümer zum Urlaubsrecht


Im laufenden Arbeitsverhältnis kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen, wenn es um den Urlaub geht. Deshalb soll mit den 10 häufigsten Irrtümern zum Urlaubsrecht im folgenden Beitrag aufgeräumt werden.

1. Als geringfügig Beschäftigte steht mir kein Urlaub zu.

Dies ist falsch. Anspruch auf Erholungsurlaub haben alle Arbeitnehmer und die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Arbeitnehmer sind auch die in Teilzeit, zur Aushilfe, in Ferienarbeit und in Nebentätigkeit Beschäftigten. Zu den zur Berufsausbildung Beschäftigten zählen auch Lernschwestern, Umschüler, Volontäre und Praktikanten.

2. Ich hab so viel Urlaub, wie in meinem Arbeitsvertrag vereinbart wurde.

Dies ist nur bedingt richtig.

Der gesetzliche Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers beträgt 24 Werktage. Werktage sind die Tage von Montag bis Samstag. Dieser Urlaubsanspruch darf arbeitsvertraglich nicht unterschritten werden. Wird er unterschritten, ist dies unwirksam und der Arbeitnehmer kann den ihm gesetzlich zustehenden Urlaub gegenüber dem Arbeitgeber durchsetzen.

3. Bei einem Arbeitsverhältnis, das vom 01.01. des Jahres bis zum 30.07. des Jahres dauert, habe ich 7/12 Urlaubsanspruch.

Dies ist nicht der Fall.

Bei einem Arbeitsverhältnis, das länger als 6 Monate gedauert hat und in der zweiten Jahreshälfte beendet wird, besteht ein Vollurlaubsanspruch (12/12). Teilurlaubsansprüche entstehen nur, wenn das Arbeitsverhältnis vor erfüllter Wartezeit (kürzer als 6 Monate) beendet wird oder das Arbeitsverhältnis nach erfüllter Wartezeit in der ersten Jahreshälfte (bis zum 30.06.) endet.

4. Bei ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit im Kalenderjahr und bis zum Übertragungszeitraum am 31.03. des Folgejahres erlischt der Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsanspruch gem. § 7 Abs. § BurlG.

Diese Rechtslage ist seit der Entscheidung des EuGH vom 20.01.2009 C 350/06 (Schultz-Hoff) und der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 24.03.2009 nicht mehr richtig. Auch bei langjähriger Erkrankung kann der Arbeitnehmer bei Genesung und Rückkehr in das Arbeitsverhältnis die Erfüllung der krankheitsbedingt nicht gewährten Urlaubsansprüche verlangen. Sollte nach langjähriger Erkrankung das Arbeitsverhältnis enden, besteht ein Urlaubsabgeltungsanspruch. Der Urlaubsabgeltungsanspruch besteht hinsichtlich des gesamten gesetzlichen Mindesturlaubs, der krankheitsbedingt nicht genommen werden konnte. Besteht auf tariflicher Basis ein über den gesetzlichen Mindesturlaubs hinaus gehender Urlaubsanspruch, sind die Tarifvertragsparteien frei, eine Verfallsregelung zu treffen. Fehlt eine solche Verfallsregelung, ist auch der gesamte Tarifurlaub noch vorhanden.


Der Urlaubs- und Abgeltungsanspruch bezieht sich auch auf den Zusatzurlaub der Schwerbehinderten (BAG vom 23.03.2010, 9 AZR 128/09).

Bislang ist noch nicht höchstrichterlich entschieden, über wie viele Jahre hinweg der erkrankte Arbeitnehmer rückwirkend Urlaubsansprüche beanspruchen kann. Das LAG Hamm hat diese Frage, ob der Mindestanspruch bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit auf möglicherweise 18 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres begrenzt ist, dem EUGH vorgelegt (LAG Hamm vom 15.04.2010, 16 Sa 1176/09 unter Hinweis auf Artikel 9 Abs. 1 des IAO-Abkommens Nr. 132).


5. Gewährt der Arbeitgeber keinen Urlaub, kann sich der Arbeitnehmer selbst beurlauben.

Weit verbreiteter und folgenschwerer Irrtum. Tritt der Arbeitnehmer eigenmächtig einen vom Arbeitgeber nicht genehmigten Urlaub an, so verletzt er seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Ein solches Verhalten ist geeignet, einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darzustellen. Lehnt ein Arbeitgeber zu Unrecht einen Urlaubsantrag des Arbeitnehmers ab, kann der Arbeitnehmer die Festlegung des Urlaubs gerichtlich erstreiten.

Im Falle, dass ein gerichtliches Verfahren für die Klärung dieser Frage zu lange dauert, kann auch eine einstweilige Verfügung beantragt werden.

6. Im Falle der Kündigung des Arbeitsverhältnisses steht dem Arbeitnehmer auf jeden Fall ein Urlaubsabgeltungsanspruch zu.

Dies ist nicht ganz richtig.

Im Falle einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses soll der verbleibende Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers grundsätzlich in Freizeit gewährt werden.

Reicht die Kündigungsfrist nicht mehr zur Erfüllung der gesamten Urlaubsansprüche aus, besteht aber für den Rest ein Urlaubsabgeltungsanspruch.

Kommt die Kündigung für den Arbeitnehmer überraschend und hat er bereits feste Urlaubspläne außerhalb der Kündigungsfrist durch Buchung verbindlich gemacht, kann er die Festlegung seiner Urlaubsansprüche in der Kündigungsfrist ablehnen und ausnahmsweise Urlaubsabgeltung verlangen. Voraussetzung ist jedoch, dass für den Arbeitnehmer die Festlegung des Urlaubs in der Kündigungszeit unzumutbar ist und er ein besonderes Interesse am Urlaub außerhalb der Kündigungsfrist nachweisen kann.

7. In meinem Urlaub darf ich tun und lassen was ich will, das heißt, ich darf auch arbeiten.

Dies ist falsch.
Während des Urlaubs darf der Arbeitnehmer keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten, § 8 Bundesurlaubsgesetz. Verboten ist jede selbstständige oder unselbstständige Tätigkeit, die zum Zwecke der Entgelterzielung ausgeführt wird und durch die die Arbeitskraft überwiegend in Anspruch genommen wird.

Unberührt von dem Erwerbstätigkeitsverbot bleibt eine Nebentätigkeit, die der Arbeitnehmer auch ohne Urlaub verrichtet oder verrichten könnte. Eine verbotene Urlaubstätigkeit kann eine ordentliche Kündigung zur Folge haben.

8. Auch bei einem kürzer als einen Monat dauernden Arbeitsverhältnis steht mir anteilig Urlaub zu.

Nein, dies ist nicht richtig.

Teilurlaub wird nur für jeden vollen geleisteten Beschäftigungsmonat in Höhe von einem Zwölftel gewährt. Angefangene Teilmonate bleiben außer Betracht. Der Beschäftigungsmonat ist nicht mit dem Kalendermonat identisch.

Ein Urlaubsanspruch von einem Zwölftel wäre also entstanden, wenn das Arbeitsverhältnis vom 12. des Monats bis zum 12. des Folgemonats gedauert hätte.

9. Zu viel gewährter Urlaub kann vom Arbeitgeber zurückgefordert werden.

Hat der Arbeitnehmer bereits Urlaub über den ihm zustehenden Umfang erhalten, so kann das dafür gezahlte Urlaubsentgelt nicht zurückgefordert werden. Ebenfalls kann die Freistellung von der Arbeit nicht rückwirkend aufgehoben werden. Dieses Rückforderungsverbot ist gesetzlich im Bundesurlaubsgesetz verankert.

10. Der Arbeitgeber kann den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers nach seinem Belieben festlegen.

Nein, das ist so nicht richtig.

Das Urlaubsrecht geht davon aus, dass der Arbeitnehmer innerhalb des Kalenderjahres seinen Urlaubswunsch gegenüber dem Arbeitgeber geltend macht und der Arbeitgeber binnen angemessener Frist den Urlaubsanspruch bewilligt bzw. mit seinen Arbeitgeberinteressen und den Interessen der übrigen Kollegen in Einklang bringt.

Soweit der Arbeitgeber dringende betriebliche Belange geltend machen kann, kann er Betriebsferien anordnen (z.B. Notwendigkeit der Anwesenheit des Arbeitgebers bei Arzt und Helferin). Ein einmal erteilter Urlaub kann vom Arbeitgeber nicht einseitig widerrufen werden. Ein Widerruf- oder Rückrufrecht kann aufgrund vertraglicher Rücksichtspflicht des Arbeitnehmers nur in un-vorhergesehenen Notfällen erwachsen. Dann hat jedoch der Arbeitgeber die Mehrkosten des Arbeitnehmers zu ersetzen.

§ 3 BUrlG

  1. Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage.
  2. Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind.

§ 5 Teilurlaub

  1. Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer
    1. für Zeiten eines Kalenderjahres, für die er wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt;
    2. wenn er vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet;
    3. wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.
  2. Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden.

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